Freihandelsabkommen EU-USA (TTIP)

Umweltschutz und Freihandel lassen sich schwer vereinbaren. Besorgte Bäuerinnen möchten, dass Bio Suisse TTIP ablehnen.

Martin Bossard von Bio Suisse findet es jedoch wichtig, wenn Bäuerinnen und Bauern anstehende Verhandlungen aktiv begleiten und beeinflussen.

Was haltet Ihr von der Herausforderung TTIP? Eure Kommentare interessieren uns!

Offener Brief an Bio Suisse
Bio Suisse zu TTIP


4 Gedanken zu „Freihandelsabkommen EU-USA (TTIP)

  1. Mein bester Dank an die Biobäuerinnen und an Felix. Bin total einverstanden.
    Von mir aus darf Biosuisse gerne mitverhandeln und begleitende, abfedernde Strategien für den schlimmsten Fall entwickeln. Gleichzeitig muss Biosuisse aber deutlich vernehmbar und unzweideutig kommuniziern, dass man gegen TTIP, Tisa, CETA und andere demokratiebegrabende und multifördernde Abkommen ist.
    Hin und wieder kann es vorkommen, dass Minoritäten mit nur marginalem Einfluss (Wallonien versus CETA), dennoch in schon laufende Räder greifen und deutliche Bremsgräusche zu erzeugen vermögen.

  2. Lieber Felix

    Bio Suisse sucht die richtige Antwort auf die Frage, wie der angestrebte weltweite Paradigmenwechsel in Richtung mehr Ökologie, Fairness und Verbesserung der sozialen Errungenschaften auch international verankert werden kann. Jeder Wandel beginnt damit, dass wir uns das Ergebnis vorstellen können – unsere Vision! – und dann ernsthaft darüber nachdenken, wie wir dorthin gelangen können.

    Wer sich wie die Schweiz an hohe Umwelt- und Sozialstandards hält, erleidet im internationalen Wettbewerb „alle gegen alle“ häufig Nachteile. Abschottung kann aber in einer Volks- und Landwirtschaft, die hochgradig international vernetzt ist, keine ernsthafte Option sein. Es braucht gemeinsame Regeln. Grundsätzlich nicht zu verhandeln würde heissen, dass wir höhere gemeinsame Standards nicht für möglich halten und den Kopf für alle Zeiten in den Sand stecken.

    Die Schweiz verfügt neben der EFTA-Konvention und dem Freihandelsabkommen mit der EU über ein Netz von 28 Freihandelsabkommen mit 38 Partnern ausserhalb der Europäischen Union (EU), z.B. mit Kanada, Japan, China, der Türkei, Mexiko, Singapur etc. Die Schweiz schliesst wie andere Länder multi- und bilaterale Abkommen zunehmend an der Welthandelsorganisation WTO vorbei ab.

    Mit NAFTA existiert seit längerem eine Freihandelszone auf dem amerikanischen Kontinent. China bindet die asiatischen Staaten mit verschiedenen Verträgen ein. Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) wurde im Februar 2016 zwischen den USA, Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam unterschrieben.

    Wenn jetzt die EU mit Kanada (CETA) oder den USA (TTIP, Tisa) verhandelt, ist dies folgerichtig und im Interesse der beteiligten Staaten. Die Schweiz hat bereits ein Freihandelsabkommen mit Kanada und wird einen Modus mit CETA finden. Im Fall von TTIP hat sie sich frühzeitig zu überlegen, wie sie sich im Fall eines Abschlusses verhalten will. Als Verband muss auch Bio Suisse für diesen Fall Strategien entwickeln.

    Internationale Verträge werden stark und pauschal kritisiert, weil sie ein „Race to the Bottom“ einleiten können, also die Senkung von Umwelt- und Sozialstandards auf das jeweils tiefere Niveau, z.B. Hormonfleisch und Gentechnik wie in den USA, Diesel-Russ-Grenzwerte wie in der EU. Organisationen der Zivilgesellschaft wie Bio Suisse verlangen ein „Race to the Top“. Dies sollte grundsätzlich von der Land- und Ernährungswirtschaft unterstützt werden, da es die besseren Praktiken wettbewerbsfähiger macht bzw. Öko- und Sozialdumping unterbindet.

    Die Organisationen der Zivilgesellschaft waren zumindest im Fall von CETA ziemlich erfolgreich. Die europäische Landwirtschaft erwartet neue Absatzmärkte für Qualitätsprodukte. Herkunftsbezeichungen werden für 143 Lebensmittel aus europäischer Herkunft neu auf dem kanadischen Markt geschützt. Der Import von Hormon-Rindfleisch aus kanadischer Produktion ist verboten.

    Im Fall von TTIP sind die umstrittenen Chlorhühnchen, Gentechnik, Hormonfleisch und die zu grosse Macht der Konzerne wichtiger Bestandteil des Verhandlungsmandats der EU, und zwar im Sinn von Bio Suisse und von Felix Lang. Es ist anbetrachts des Widerstands der Zivilgesellschaft undenkbar, dass die EU davon abweicht.

    Fazit:
    1. Verhandlungen sind eine Chance für mehr Nachhaltigkeit und damit auch für die Bio-Branche.
    2. Nicht-verhandeln kann nicht zu Fortschritten führen.
    3. Die Forderungen sind von der Zivilgesellschaft, z.B. von Bio Suisse, mit maximalem Druck einzubringen.
    4. Es sind Begleitmassnahmen nötig.
    5. Das Resultat zählt. Ist es unbefriedigend, wird der Vertrag abgelehnt.

  3. Die Meinung des Präsidenten

    Lieber Martin Bossard, so bitte nicht! Den Biobäuerinnen hingegen gratuliere ich zu ihrem offenen Brief an die Bio Suisse.

    Martin Bossard widerspricht sich deutlich. Einerseits betont er vorausschickend, „dass der Einfluss der Schweiz auf die Verhandlungen oder gar die Entscheidung bezüglich des
    Abkommens marginal sei.“ Ja er spricht sogar davon, dass die Schweiz keine Wahl habe. Anderseits erklärt er abschliessend: «Wichtig ist, dass wir frühzeitig unsere Interessen geltend machen und die Verhandlungen aktiv begleiten.»

    Ja was nun? Ich habe grosses Verständnis, wenn jemand gerne solche Verhandlungen begleiten würde. Das ist aber nur solange interessant, solang man persönlich keine negativen Folgen daraus zu tragen hat. Ich verstehe Martin Bossard.

    Noch besser verstehe ich aber die Biobäuerinnen, die schon heute spüren, was noch mehr auf sie zukäme. Noch mehr Druck. Noch mehr angewiesen sein auf noch mehr Staatskrücken mit noch mehr Bürokratie. Solidarisieren tu ich mich nur mit den Biobäuerinnen.

    Die Antwort und richtige Einsichten von Martin Bossard zeigen eigentlich ganz klar was das Hauptziel von TTIP ist. Abschaffung von Demokratie, Abschaffung von Volkssouveränität und alle Macht den Wirtschaftsmultis. Dazu kann eine einflussreiche Minderheit wie wir Biobäuerinnen und Biobauern ganz einfach nur eine Antwort geben: Klare Ablehnung!

    In Frankreich wirkt die breite Ablehnung in der Bevölkerung bereits.

    Ein schlappriges Ja – Aber, würde von den Mächtigen nur belächelt und ist der Bio Suisse schlicht unwürdig. Für die Bio Suisse wäre es besser, sich aus der Geiselhaft der IGAS zu befreien.

    Herzlich

    Felix Lang, Lostorf, Präsident Bio NWCH, Kantonsrat

    • Ich bin ganz der Meinung von Felix. Von aussen wird, wenn überhaupt, nur ein grundsätzliches „Nein“ zur Kenntnis genommen. Ein „Ja-Aber“, wird als Zustimmung gewertet.

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