… bei der Hofbesichtigung am 10. Mai 2017

Gegen 60 Interessierte haben sich an diesem schönen Vorsommerabend auf dem Hof von Anita und Christian Rudin eingefunden und vorerst mal gestaunt. War man nicht vor drei oder vier Minuten noch auf der lärmigen Autobahn? Und jetzt befindet man sich auf dem auf 680 m ü M. gelegenen Dangernhof oberhalb des Dorfes Eptingen, spürt die Ruhe dieses Kraftortes und geniesst den Ausblick auf hügelige Weiden der Bergzone 1 und den Belchen.

Dieser Belchen ist übrigens einer von dreien, klärt uns Senior-Bauer Werner Thommen auf. Einer im Elsass, einer im Schwarzwald und einer hier vor unserer Nase. Auf der Karte bilden sie ein rechtwinkliges Dreieck. Die Kelten haben das Belchensystem zur Bestimmung der Jahreszeiten verwendet, ihr Sonnengott Belenus hat den Hügeln den Namen geliehen.

Doch zurück zum Hof. Hier scheint die Sonne. Aktuell und im übertragenen Sinn. Seit 2012 führt Christian Rudin zusammen mit seiner Frau Anita den Dangernhof und kann auf die wertvolle Unterstützung der ganzen Familie zählen. Auch die beiden Buben sind während dem Betriebsrundgang mit ihren Plastiktraktoren tüchtig „am buure“. Christian arbeitet hauptsächlich als Bio-Landwirt. Wenn es die Arbeit auf dem Hof zulässt, arbeitet er noch auswärts, ist er doch zusätzlich gelernter Forstwart und Schlosser. Anita kümmert sich vorwiegend um die Administration und das Marketing der Hofprodukte. Der sonnseitig gelegene Hof wird seit 1993 biologisch bewirtschaftet und verfügt über eine Fläche von 26 ha. Davon sind 21 ha Eigentum. Bis 2016 wurde auf dem Hof Milch produziert. Die Umstellung auf Mutterkuhhaltung und der Umbau des Rinderstalls hat Rudins das letzte Jahr auf Trab gehalten. Menschen und Tiere wirken glücklich. Der neue Stall beherbergt 15 Mutterkühe der Rasse Simmental und eine Gruppe von 7 trächtigen Tieren. Sämtliche Tiere stammen aus eigener Aufzucht und sind zum Teil noch behornt. Gekreuzt wird per KB mit der Rasse Limousin. Es ist ein Ziel genetisch hornlose Tiere zu züchten und bei den umgänglichen Simmentalerinnen zu bleiben. Unter dem neuen Pultdach wurden 25 Liegeplätze eingerichtet. Vor den Liegeboxen befindet sich ein breiter, offener Gang für die Kälber. Über diesen Gang gelangen sie zu ihrer separaten Fütterungsstelle. Im alten Stallteil befindet sich die Fressachse mit Fanggittern für behornte Tiere. Belüftungsheu und Emd und Grassilage stehen neben der Weide auf dem Menueplan. Der ehemalige Silobereich wurde in eine grosszügige Abkalbebox umgewandelt. Da der neue Stallteil in den Hang gebaut wurde, ergab sich im unteren Teil eine geräumige Remise, welche von allen Besuchern wohl als erstes bestaunt und vielleicht auch benieden wurde. Neben der Jauchegrube wurde ein Löschwasserbehälter von 50 m3 Wasser eingerichtet. Dies ist bei der Lage des Betriebes sicher beruhigend zu wissen. Die Betriebsfläche setzt sich übrigens aus 11 ha Naturwiesen, 5-6 ha Kunstwiesen, extensivem Wiesland, Hecken und 2 ha Wald zusammen. Auf dem Gelände stehen zudem 100 Hochstammbäume. Dreiviertel davon sind Kirschbäume, der Rest sind Aepfel, Birnen und Zwetschgen. Sieben Schafe beweiden die steilsten und kargsten Weideflächen.

Und dann wird da noch eine ganz wichtige Kultur angebaut. Es wärmt, nährt und kräftigt, das Dinkelkorn. Das wusste schon Hildegard von Bingen. Dieser Meinung ist auch der Senior-Bauer Werner Thommen. Vor 10 Jahren hat er mit 600 kg Ur-Dinkelkernen und einer kleinen Mühle einen veritablen Betriebszweig lanciert. Die Leidenschaft für den Urdinkel ist auf dem Mühle-Rundgang beinahe mit Händen zu fassen. Werner und Brigitte Thommen haben den Ur-Dinkelanbau jährlich gesteigert und sind mittlerweile bei 4 ha, 12 Tonnen Urdinkel, einer professionell eingerichteten Mühle und auch bei Goldmedaillen bei Produktewettbewerben angelangt. Thommens haben altes Müller-Wissen in Oesterreich gefunden und die geeigneten Müller-Werkzeuge wie die Röllmühle, die mit Naxos-Stein bestückte Steinmühle, die Mehlsiebmaschine, den Griesputzer und neu die Poliermaschine für die geschälten Urdinkel-Kerne angeschafft. Geschälte und polierte Dinkelkerne gehen glatt als „hiesigen Reis“ durch und werden als „Kernotto“ erfolgreich verkauft. 2016 wurden von den 12 Tonnen Urdinkel 5 Tonnen Kernotto vermarktet. Werner Thommen und die ganze Familie ist überzeugt, dass das Urkorn, welches bis 1920 auf der Alpennordseite d a s Getreide war eine Renaissance verdient hat. Reine Urdinkelsorten wie Ostro und Oberkulmer werden von den Kunden geschätzt und von der IG Dinkel gestützt und beworben. Rudin-Thommens wünschen sich, dass die Gastronomie diese Reis-Alternative schon bald entdeckt. Direktvermarkter, welche sich für eine Sortimentserweiterung interessieren, sind auch willkommen.

Beim gemütlichen Znacht in der Scheune haben wir alle das leckere Kernotto versuchen dürfen. Könnte es sein, dass beim einen oder anderen die Wurst und der Salat Beilage waren? Auch das feine Dessertbuffet mit Dinkelmehl-Süssigkeiten hat sicher viele beeindruckt.

Wir danken an dieser Stelle den Familien Rudin-Thommen für die interessante Führung, das feine Znacht und die Gastfreundschaft.

Im Namen von Bio Nordwestschweiz: Marianne Jaggi
Alle Fotos: Rahel Sprunger


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